Abrahams Post 45

 

EDITORIAL:

Gelbe Schleife und gelbe Rose

In Israel sind sie sehr weit verbreitet. Gelegentlich sind sie auch bei uns zu sehen: kleine gelbe Schleifen als Anstecker an der Kleidung. Ganz offen­sichtlich von der roten Schleife als Symbol der Solidarität mit HIV-Infizierten inspiriert und formgleich, wurden sie schon bald nach dem 7. Oktober zu einem Zeichen der Solidarisierung mit den israelischen Geiseln und ihren Angehörigen, zum Ausdruck der Forderung nach einem Abkommen zur Frei­lassung der Geiseln. Gerne hätte auch ich mir eine solche gelbe Schleife angesteckt – aber ich konnte es nicht. Denn es fehlte ein Zeichen der Solidarisierung mit den unschuldigen Opfern des Gaza-Krieges und zum Ausdruck der Forderung nach einem Abkommen zu dessen Ende.

Im Mai 2024 wurde ein kurzes Video im Internet bekannt, das sich seitdem verbreitet. Ein junger Reporter aus dem Gazastreifen, Abubakr Abed, zeigt darin, wie am Straßenrand eine schlichte gelbe Rose blüht – und, obwohl er in seinem Alltag Unvorstellbares erlebt und berichtet, strahlt der junge Mann in die Kamera: „In Gaza we see hope. This is our yellow rose. It is, in fact, the best thing we have at the moment. Because we see hope through it.” (Wer „Yellow Rose of Gaza“ googelt, findet das Video auf zahlreichen YouTube-Kanälen.)

Gelbe Rosen werden, soweit ich sehe, noch nicht als Anstecker produziert und verkauft. Aber es gibt kleine gelbe Rosenblüten und -knospen in unseren Gärten. Man kann sie tragen, frisch oder getrocknet, als echtes, vergäng­liches Zeichen. Seit ich eine gelbe Rose tragen kann, kann ich auch die gelbe Schleife tragen und tue beides. Komplementär. Ich kann nur das eine zusammen mit dem anderen.

Stefan Jakob Wimmer


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BERICHTE  –  NOTIZEN  –  TIPPS

Berichte über Veranstaltungen und ihre Folgen

Die Münchner Fraueninitiative oder Brücken der Solidarität

von Edveta Wimmer

Es war Ende Oktober ‘23, anlässlich des ausARTen-Festivals, einer sehr betrübten Stimmung wegen der Ereignisse ab dem 7. Oktober und dem erstickten Dialog zwischen Muslimen und Juden, dass ein paar Besucherinnen sich entschlossen, gemeinsam mit anderen Frauen etwas gegen das Schweigen zu unternehmen.

Was es sein sollte, war zunächst offen; sicher war, dass ein Dialog stattfinden muss und dass Frauen aus München ein gemeinsames Zeichen gegen das Auseinander­driften der Gesellschaft, gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit setzen müssen.

Einige Monate später traf sich ein Kernteam mit Interessierten aus verschiedenen gesell­schaftlichen Organisationen, darunter auch Musliminnen und Jüdinnen. Zu einer Zeit, als den meisten die richtigen Worte fehlten, oder die Furcht bestand, etwas Falsches zu sagen, oder der Schmerz über das Geschehene so groß war/ist, dass die Stimme versagt/e, gelang es diesem Kreis tatsächlich, das eigene Erleben und die Erwartungen an das Zusammentreffen zu formulieren. Mit den nächsten Treffen erweiterte sich der Kreis, so dass die teilnehmenden Frauen sehr gut die Vielfalt der Münchner Gesellschaft repräsentierten. Sie formulierten Regeln für das gemeinsame offene Gespräch, auch bei schwierigen Themen oder gegensätzlichen Meinungen.

Bisheriges Ergebnis dieser Treffen sind ein erweitertes Netzwerk an Aktivistinnen und Freundinnen, ein Plakat mit Erwartungen und Anliegen, die gemeinsam vertreten und verteidigt werden wollen und ein Fahrplan für die nächsten Schritte.

Unter dem Titel „Münchner Frauen – Brücken der Solidarität“, liegt der Fokus auf der Stärkung und der Solidarisierung mit Opfern von Gewalt jeglicher Art, insbesondere steigender antisemitischer und islamfeindlicher Gewalt, sowie eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Geplant sind einzelne Initiativen, wie z. B. Antirassismus-Training, Kunstausstellungen und – um dem Namen der Initiative Gewicht und Gesicht zu verleihen – eine „Brückenaktion“ am 6.4.2025 auf der Luitpoldbrücke, unter dem Friedensengel, zu der alle Münchnerinnen eingeladen sind, die für eine vielfältige und sichere Gesellschaft in München eintreten wollen.

Ab Ende Oktober sollen dazu Frauenorganisationen/Verbände angeschrieben und zu einer Infoveranstaltung Anfang ‘25 eingeladen werden. Die Einladung wird natürlich auch über den Verteiler der Freunde Abrahams an alle Mitglieder weitergeleitet.


Das Unendliche im Endlichen: Edvetas Mystik-Tagung auf der Fraueninsel

Impressionen von Edveta Wimmer zur Tagung vom 19. bis 21.4.2024

Ich freue mich schon sehr lange darauf! Auf die Mystik-Tagung mit Milad Karimi, den ich von seinen Büchern zu kennen meine; in einem Kloster; auf der Fraueninsel! Ich bin gespannt, denn ich war der Meinung, dass Mystik unsagbar sei, dass sie sich nicht in Worte vereinnahmen lässt. Es ist so weit, wir stehen am Gleis 21 3/4. Ich bin etwas müde und gestresst, weil ich zuvor gearbeitet habe und vor lauter Span­nung nicht gut schlafen konnte. Der Zug ist pünktlich, und wir finden passende Sitzplätze. Ich lenke mich mit einem Katalog ab, um die Ungewissheit zu über­brücken. Plötzlich, wie aus dem Nichts, taucht Milad vor uns auf; er erkennt Stefan und setzt sich uns gegenüber.

„Jede Begegnung hat einen Sinn.“ (islamische Weisheit)

Sein Zug hatte Verspätung, und nun sitzt er hier und bemüht sich mit aller beschei­den­sten Höflichkeit, nicht in ein anstrengendes theologisches Gespräch verwickelt zu werden, Stefan kommt das zugute. Ich dagegen versuche diese verfrühte Begeg­nung auf ihre mystische Komponente zu deuten, sorgfältigen Blickes nach einer grün-zitternden Aura um Milad suchend.

„Einst suchte ein Suchender seinen Meister, er fragte einen Bettler, wo er ihn finden könne, und der Bettler zeigte gen Osten. Der Suchende begab sich auf den Weg und wanderte 20 Jahre, um am Ende seines Weges im besagten Bettler seinen Meister zu erkennen“ (sinngemäß alte sufistische Weisheit)

Nein, es flimmert und schimmert nichts um Milad, er sitzt am Laptop und schreibt an seinem Vortrag.

Am vorläufigen Ziel und an der Bootsanlegestelle angekommen, zieht die kleine, in Nebel eingehüllte Insel jeden Blick auf sich. Die weißen Mauern des Klosters leuchten durch den Wind! Es regnet, die Wolken haben sich zu einer bedrohlichen Kulisse kumuliert. Das kleine Boot, das wir zwischenzeitlich bestiegen haben, steuert auf die Insel zu. Das Wasser zittert im Rhythmus des Windes; ich meine auch aus Furcht fortgerissen zu werden.

„Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Flut auf Flut sich ohn‘ Ende drängt.“ (F. Schiller)

Das muss ein mystischer Ort sein! Nonnen sprechen seit Jahrhunderten ihre Gebete hier!

„Dein Auge, es leuchtet, dein Arm ist mein Schild, Du bist mein Erhalter, mein Hort in der Welt.“ (Annette Droste Hülshoff)

Aus der Ferne scheinen die Gebete das dunkle Dach des Klosters zu umkreisen. Sind alle über die Jahre ausgesprochenen Gebete nicht gen Himmel aufgestiegen? Sind sie geblieben, um die Mauern des Klosters zu beschützen? Je mehr wir uns dem Kloster nähern, desto richtiger scheint meine zweite Annahme.

Auf den Fährmann ist immer Verlass. Ich betrete das „heilige Land“ vorsichtig; die Insel begrüßt mich mit bunten, eitlen Blüten, die sich mit dem Regenwasser extra für die Besucher aufgehübscht haben. Grün ist sie, die Insel! Heilige sind auch grün!

Aus der Nähe scheint das Kloster nun gewaltig auf der Erde zu ruhen. Nicht seine Größe beeindruckt, sondern die Schwere seiner Mauern, die wie überirdische Wurzeln an diesem Ort festgewachsen sind. In den schier endlosen Gängen des Klosters herumirrend kommt uns Schwester Scholastika entgegen, die Hausherrin. Sie muss es sein, auf der Fähre wurde mir von ihrer Geschäftstüchtigkeit und gestandenen Persönlichkeit berichtet. Ihr gewaltiger Schlüsselbund, aus dem sie unsere Zimmerschlüssel trennt, der feste Schritt und der schwere Atem sprechen dafür. Wir dürfen die Koffer in einem kleinen bescheidenen Zimmer unter der Dachschräge des Klosters ablegen. Es ist bereits dunkel, und das kleine Fenster, welches den Blick und den Kontakt in die Außenwelt vermuten lässt, spiegelt nur das schwache Licht und die Umrisse der kleinen Kammer. Die Nacht verspricht sicher zu werden.

„Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.“ (Joseph von Eichendorff)

Am nächsten Morgen begehen wir wieder das klösterliche Labyrinth auf der Suche nach dem Seminarraum. Nach dem Einbiegen in einen langen Flur erkenne ich in einiger Entfernung Milad, der gerade um die nächste Ecke verschwindet, gefolgt von einer seltsam anmutenden Schar mit teilweise langen Gewändern, bunt, schwer erkennbar. Die Schar verspricht den rechten Weg zu kennen. Wir folgen, in Erwartung, den Seminarraum und die Schar an Teilnehmer*innen wieder zu treffen. Mit dem Seminarraum und den Teilnehmer*innen hatte ich Recht, die langen Gewänder fehlen.

„Und nennt nicht die, die auf Gottes Weg getötet wurden, ‚tot‘, denn sie leben, ohne dass ihr es wahrnehmt.“ (Quran Sure 2/Vers 154; Übs. Milad Karimi)

Auf einem Stuhl, im hellen, mit vielen Fenstern zum Hof des Klosters geschmückten Raum erwarte ich in höchster Spannung das Wort der Mystik. Unsere Tagungsgast­geberin blickt bei der Vorstellung und Begrüßung neugierig immer wieder über ihren Brillenrahmen hinweg zu den Gesichtern, die sie anstarren. Ein stummer Dialog, meine ich, der neben dem Gesagten schwingt, für mich unhörbar. Neben ihr sitzen Milad und der zweite Gast des Mystik-Seminars, Michael von Brück. Er soll der christlichen und buddhistischen Mystik kundig sein und trägt seinen Vortrag auch als erster vor, am Pult stehend. Meine Aufmerksamkeit ist permanent abgelenkt, denn aus seiner Hosentasche, seinem eleganten schwarzen Rollkragenpulli, seinen Ärmeln, seinen Hosenbeinen scheinen ständig neue kleine bunte fliegende Geister­drachen zu entfliehen um sich als kurze Anekdoten oder Geschichten im Raum zu manifestieren. Er steht unbeirrt am Pult, ohne dem seltsamen Geschehen auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu widmen. Er lächelt zwischendurch … buddhistisch.

„Frieden kommt von innen. Suche ihn nicht im Außen.“ (buddhistische Weisheit)

Ich bin verzweifelt. Das Gesagte kommt und geht vom Vormittag zum Nachmittag zum Abend, und ich warte immer noch, dass es mich erwischt. Wie ein Blitz vom Himmel. Das ist das Mindeste, was ich von der Mystik erwarte.

Nasreddin und der verlorene Schlüssel

Eines Abends bemerkte Nasreddin Hodscha, dass er seinen Schlüssel verloren hatte. Er begann, unter einer Straßenlaterne danach zu suchen. Ein Nachbar, der vorbei­kam, sah ihn und fragte: „Nasreddin, was suchst du?“ „Ich habe meinen Schlüssel verloren“, antwortete Nasreddin. Der Nachbar begann ihm zu helfen und fragte nach einer Weile: „Wo genau hast du ihn verloren?“ Nasreddin zeigte auf eine dunkle Ecke und sagte: „Dort drüben.“ Verwundert fragte der Nachbar: „Wenn du ihn dort verloren hast, warum suchst du dann hier unter der Laterne?“ Nasreddin lächelte und antwortete: „Weil hier das Licht ist.“


Hinduismus und Politik. Indien, die „größte Demokratie“ der Welt, wählt.

Zum Vortrag von Dr. phil. habil. Renate Syed im Rahmen der Nymphenburger Gespräche am 25.4.2024,
von Karin Hildebrand

Aus indologischer Sicht war der Brahmanismus/Hinduismus die religiöse Grundlage des Staates, da es zwischen 2000 v. Chr. bis 1000 n. Chr. keine andere Religion auf dem indischen Subkontinent gab. Bereits 2000 v. Chr. entstand das Kasten­system, das die Brahmanen, Priester und Intellektuelle an die Spitze der Gesellschaft setzte und diesen die Deutungshoheit und Definitionsmacht über Religion, Philoso­phie, Staat, Gesellschaft und Lebensstil verlieh.

Trotz der jahrhundertelangen islamischen Herrschaft ab 1000 n. Chr. und der Kolo­nialzeit sind die Hindus immer noch mit über 80 % die weitaus größte Religions­gruppe Indiens. Noch immer bestimmen das viertausend Jahre alte Kastensystem und eine patriarchale Gesellschaftsstruktur Denken und Handeln zahlreicher Inder und Inderinnen, Hindus wie Muslime.

1947 entstand die säkulare Bundesrepublik Indiens, wurde bis 2014 mit wenigen Unterbrechungen vom Indian National Congress (INC) regiert und damit vom Nehru-Gandhi-Clan dominiert. Die Ausrichtung des Indian National Congress ist sozialdemokratisch, linksliberal und säkular. Die Bharatiya Janta Party (BJP) dage­gen ist eine hindukonservative, ethno-nationa­listische Partei und stellt unter der Füh­rung von Narendra Modi seit 2014 die Regierung.

Ein Grund für den Absturz der INC sind dynastische Ansprüche des Nehru-Gandhi-Clans; dies wurde als undemokratisch empfunden. Außerdem stehen viele auch hochgebildete Inder westlichen politischen Konzepten und Einflüssen, insbesondere Kultur und Religion betreffend, ablehnend gegenüber.

Der Wahrung hinduistisch geprägter Werte, Religion und Politik verdankt die BJP demgegenüber ihren Aufstieg. Sie hat in den zehn Regierungsjahren viele ihrer Wahlversprechen eingelöst. Die Voraussetzungen dafür wurden vielfach jedoch bereits in der Regierungszeit des INC geschaffen.

Die Gemengelage ist gerade für westlich sozialisierte Demokraten schwierig ein­zuordnen. Eine Wahl, die sich über Wochen erstreckt, ist in der Vorstellung schon eine Herausforderung.

Die Verbindung zwischen Politik und Hindu-Religion wird wegen der langen Geschich­te geradezu als „natürlich“ betrachtet. Die Kritik des Westens wird oftmals als Fortsetzung der kolonialen Verachtung gewertet.

Frau Syed leitete ihren Vortrag mit dem Statement ein, das Ergebnis der Wahl werde richtungsweisend sein und darüber entscheiden, ob Indien den religiös-konser­va­tiven, ethno-nationalistischen, anti-säkularen Weg zu einer „Hindu-Nation“ weiter­geht oder ob sich die liberalen säkularen Kräfte der vielgestaltigen Oppositions­koalition durchsetzen können.

Die Wahl hat inzwischen stattgefunden. Die BJP hat ihre absolute Mehrheit verloren, Modi kann jedoch mit einer Koalition weiterregieren. Eine hindunationalistisch ausgerichtete Politik hat weniger gesellschaftliche Akzeptanz gefunden als erwartet; durch die erforderliche Koalitionsbildung wird auch die bisherige zentristische Ausprägung der Regierungsführung abnehmen. Des Weiteren sorgten soziale Spannungen dafür, dass die Probleme der Jugendarbeitslosigkeit sowie die niedrige Erwerbsquote der Frauen stärker in den Fokus rücken und deren Lösung in Angriff zu nehmen sind.

Das Ergebnis der Wahl zeigt die Möglichkeiten der Demokratie auf und erfordert nun das Nachdenken über einen dritten Weg. Das ist, zumindest aus meiner Sicht, ein positives Signal.


Die Fokolar-Bewegung und ihr Engagement im interreligiösen Dialog Ein von Frauen geprägtes Miteinander

von Gertraud Bracker

Wir folgten der Einladung der Fokolar Bewegung am 4. Mai 2024 ins Pfarrheim St. Thomas. Wie die „Freunde Abrahams“ sieht die „Fokolar Bewegung“ den Dialog der Religionen, besonders der abrahamitischen Religionen, „auf Augenhöhe“ für eine Zukunft in Frieden für unverzichtbar an.

Die Bewegung wird von Frauen dominiert, an ihrer Spitze steht laut Statut immer eine Frau. „Die Präsidentin soll vor allem den Vorsitz der Liebe führen, denn sie soll die Erste in der Liebe sein, das heißt, die Erste im Dienst an ihren Schwestern und Brüdern […] Die erste Pflicht der Präsidentin besteht […] darin, Brücken zu bauen und die zentrale Botschaft der Fokolar-Spiritualität zu vertreten, zu leben und zu verbreiten.“

Im Begriff „Fokolar“ ist das italienische Wort „il fuoco“, „das Feuer“ zu finden. Gemeint ist das innere Feuer, das Menschen erfüllen kann, so dass sie die Nähe Gottes spüren, leben und weitergeben dürfen.

Die Fokolar-Bewegung ist eine 1943 von Chiara Lubich (1920- 2008) in Trient gegründete katholische Geistliche Gemeinschaft. Frau Lubich stand der Bewegung zeitlebens vor.

2021 wurde eine aus Haifa stammende Palästinenserin zur Präsidentin gewählt. Ko-Präsident ist in zweiter Amtszeit ein Spanier. Die Koordination von regionalen Aktivi­täten liegt in den Händen eines Regionalrates, dem jeweils eine Frau und ein Mann gemeinsam vorstehen.

Die Fokolar-Bewegung zählt weltweit zurzeit ca. 120.000 bis 140.000 offizielle Mitglieder in 182 Ländern, die in Geistlichen Gemeinschaften zusammenleben. Etwa zwei Millionen Menschen stehen mit ihr in lockerem Kontakt oder/und unterstützen einzelne Projekte. In Deutschland fühlen sich der Fokolar-Bewegung, außer Christen, rund 70.000 Menschen ohne religiöses Bekenntnis, sowie 30.000 Angehörige anderer großer Religionen verbunden. Davon sind insgesamt 3.500 Personen tat­säch­lich Mitglieder. Das Engagement für eine lebendige Beziehungskultur, für Verständigung und friedvolles Miteinander kennzeichnet auf unterschiedliche Weise das Leben von Mitgliedern und Freunden der Fokolar-Bewegung.

Die Spiritualität der Fokolar-Bewegung gründet in der Bibel in einer Aussage im Johannes-Evangelium. Im Kapitel 17, Vers 21 bittet Jesus seinen Vater „Alle sollen eins sein“. Auf allen Ebenen und in allen Bereichen soll Respekt und Toleranz gestärkt und ein Beitrag für mehr Geschwisterlichkeit und Einheit in der Welt gegeben werden. Seit den Anfängen der Fokolar-Bewegung gehört der Impuls aus dem Evangelium zum Leben von Mitgliedern und Freunden der Fokolare in aller Welt. Jeden Monat wird ein Satz aus der Heiligen Schrift ausgewählt und mit einem exegetischen Kom­men­tar und einer Anleitung zur Umsetzung ins tägliche Leben in über 90 Sprachen und Dialekte übersetzt. Radio- wie auch Fernsehsender übernehmen die Ausstrahlung für ein breites Publikum. Schätzungsweise 14 Millionen Menschen kom­men so damit in Kontakt.

Bei unserem Besuch in der St.-Thomas-Gemeinde wurden wir sehr herzlich und mit großem Interesse an den Freunden Abrahams empfangen und durften unsere Arbeit und unser Wirken vorstellen (Stefan Wimmer). Und wir lernten in Kurzvorträgen die Tätigkeit der Bewegung in Johanniskirchen kennen. Auffallend war für uns die zentrale Bedeutung und Wertschätzung von Frauen. In persönlichen Berichten erfuhren wir vom Miteinander, das Menschen jenseits ihrer Familien miteinander verbindet, sei es in einer Art persönlicher Nachbarschaftshilfe oder einer konkreten, auch langfristigen, Hilfe für eine andere Familie, die Unterstützung benötigt.

(Quellen: Gespräche in Johanniskirchen und die Homepage der Fokolar-Bewegung)


Abrahams Tagesausflug am 7.7.2024

von Albrecht Busch

Am 7. Juli begann heuer das islamische neue Jahr 1446. Freunde Abrahams haben sich in den Orient aufgemacht und sind doch in München geblieben.

Ein echter Abrahams-Tagesausflug, diesmal an der Isar statt an Nil, Jordan oder Bosporus, denn die Exponate aus der Sammlung „Südwestasien und Nordafrika“, im Museum „Fünf Kontinente“ sind ohne Flug erreichbar. Prof. Dr. Stefan Jakob Wimmer, der Vorsitzende, zeigte uns die Schönheit der reichhaltigen Sammlung, die kulturelle und religiöse Bedeutung, die linearen Muster in antiker und heutiger Darstellung, die Schriftzüge, z. B. den „Thronvers“ des Korans (Sure 2:55) am Eingangstor einer Moschee, auch die Darstellungen von Pflanzen, Tieren und Personen – das Bilderverbot wurde nicht immer streng gehandhabt. Moira Thiele bereicherte die Führung in dem dort eingerichteten Wohnraum aus dem Punjab mit dem Märchen vom armen Wasserträger. Und wir lauschten dort dem den Muslimen gut vertrauten Neujahrslied „Der Mond ist uns erschienen“ in der Stimme von Yusuf Islam (ex Cat Stevens).

Die Frage, wie die Gegenstände nach Bayern gelangten, (die neutralste Formu­lierung dafür ist „Objekttransfer“), die Provenienzforschung und die Schwierigkeiten von Restitution waren Thema der stellvertretenden Direktorin des Hauses Dr. Hilke Thode-Arora. Es war nicht alles einfach Raub der Kolonialisten (Deutschland „besaß“ Kolonien von 1882 bis 1918). Beredtes Beispiel war eine polynesische Kultsäule, wunderschön geschnitzt, rituell nicht mehr zu verwenden, die von einem Teilnehmer an einer seinerzeitigen „Völkerschau“, z. B. auf der Wiesn, als Tauschobjekt für hohe persönliche Vorteile diente. Auch der bei Staatsbesuchen übliche Geschenkaustausch führte zur Bereicherung von Museen. Wem und wie und in welchem Tauschverhältnis ist dann zu restituieren? Wieder-„gut“-Machung? Ein Vorschlag von Frau Dr. Thode-Arora: Gegenseitiger Ausstellungstausch.

Selbst noch das Gebäude am „Forum“ der Maximiliansstraße hat eine interessante Geschichte: 1867 als Bayerisches Nationalmuseum erbaut – die Fassadenfiguren zeigen Allegorien der Bayerischen Tugenden (na! welche?) – nahm es 1906 die Reichtümer des geplanten Deutschen Museums auf, bis 1925 die Ethnologische Sammlung als „Völkerkundemuseum“ einziehen konnte, 2014 umbenannt in „Museum Fünf Kontinente“ (wiewohl ohne Europa).

Auch die Geselligkeit kam auf ihre Kosten. Zwar nicht bei einer Maß Bier unter dem Chinesischen Turm im Englischen Garten. Dort, am Monopteros, hat Schalom Ben-Chorin in „Jugend an der Isar“ die Glocken ringsherum so farbig beschrieben. Später formulierte er: „In mein Herz münden Isar und Jordan“. Nahe seiner ehemaligen Wohnung trieb uns das Wetter in die urgemütliche Wirtschaft für „Leib & Seele“ – wo wir uns, trocken und gestärkt, aus seinen Erinnerungen sowie aus dem Leben des jüdischen Haidhauser Orientalisten Karl Süßheim vorlesen ließen, der in Istanbul Zuflucht vor der Verfolgung in seiner Heimatstadt fand.


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München und Umland

„Im Zeichen Abrahams!“
Wie Juden, Christen und Muslime in Europa kooperieren

von Stefan Jakob Wimmer

Auf Initiative des Abrahamischen Forums Deutschland, dessen Vorsitzender Prof. DDr. Karl-Josef Kuschel zugleich dem Kuratorium der Freunde Abrahams vorsteht, kamen für drei Tage im Juli jüdische, christliche und muslimische Engagierte im Dialog aus Ländern wie Deutschland und Österreich, Tschechien, Bosnien, Frank­reich und Großbritannien sowie aus Jerusalem in der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen. Die Tagung „Im Zeichen Abrahams“ war bewusst dem Kennen­lernen und internen Erfahrungsaustausch gewidmet. Nur ein Abendvortrag über die „Abraham Accords“ – die Friedensabkommen Israels mit mehreren arabischen Ländern von 2020 – und was sie uns angehen, fand öffentlich statt.

Wie das letzte Jahr gezeigt hat, sind es gerade die persönlichen Bekanntschaften und Freundschaften, die den Einbrüchen und Turbulenzen am ehesten Stand halten. Der nicht nur ideal geeignete, sondern auch wunderschöne Rahmen der Akademie und ihre Lage (einschließlich der Gelegenheit, die rauchenden Köpfe im Starnberger See abzukühlen), trugen das ihre dazu bei, dass sich am Ende alle einig waren: solche Tutzinger Begegnungen sollen nach Möglichkeit wiederholt werden. Ein Dank geht an alle Beteiligten, allen voran Akademiedirektor Dr. Udo Hahn, und ganz besonders an Dr. Jürgen Micksch – der seit dessen Gründung 2001 Herz und Seele des Abrahamischen Forums verkörpert. Unsere Verbundenheit lassen wir weiter wachsen. – Die Tagungsbeiträge werden publiziert.


Neuorientierung des Hauses der Kulturen und Religionen München e. V.: Suche nach Raum und Finanzierungsmöglichkeiten

Die Freunde Abrahams gehören zu den Gruppen, die unter dem Dach des Hauses der Kulturen und Religionen verbunden sind. Seit einigen Jahren konnten wir für Veran­staltungen die evangelische Nazarethkirche in Bogenhau­sen nutzen, die dem HdKRM als vorläufiger Sitz diente. Wie das HdKRM am 4.6.2024 mitteilte, wird diese Interimsphase nun beendet.

Pressemitteilung:

Das Haus der Kulturen und Religionen München e. V. (HdKRM) hat beschlossen, die Phase der Erprobung in der Nazarethkirche (Bogenhausen) abzuschließen. Die derzeitige Drittmittelsituation hindert das HdKRM e. V. daran, die Nazarethkirche zu den vorgeschlagenen Konditionen zu mieten und die erforderlichen Instandset­zungs­maßnahmen umzusetzen. In einer Klausurtagung am 8. und 9. Juni sollen Möglichkeiten ausgelotet werden, wie die Vision des Vereins realisiert werden kann: „Wir wollen ein Haus errichten, in dem Menschen verschiedener Kulturen und Reli­gio­nen zusammen leben, lernen und feiern können. Es geht darum, ein respektvolles und friedliches gesellschaftliches Miteinander zu fördern.“

Der Verein hat seit 2020 am Standort Nazarethkirche ein Interimsprogramm durch­geführt, eine interne Machbarkeitsstudie und Raumbedarfsplanung und in Koopera­tion mit der Hochschule München architektonische Umbauoptionen erarbeitet. Im nächsten Schritt wären diese für einen Architekturwettbewerb aufbereitet worden.

Trotz des Bedauerns, die räumlichen Voraussetzungen und Konditionen nicht weiter nutzen zu können, blicken wir dankbar auf die gemeinsam verbrachte Zeit zurück. Die Möglichkeit, an diesem spannenden und herausfordernden Ort zusammenzuar­bei­ten, war uns eine große Ehre und Bereicherung. Wir möchten besonders beto­nen, dass diese Entscheidung unsere enge Zusammenarbeit in keiner Weise beein­trächtigen wird. Gerade in diesen turbulenten Zeiten ist der interreligiöse Dialog wichtiger denn je, und wir freuen uns auf eine weiterhin fruchtbare Kooperation mit allen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften. Es ist unser festes Anliegen, den begonnenen Weg des Dialogs und der Zusammenarbeit fortzusetzen und gemeinsam neue Perspektiven zum Ort und zur Finanzierung zu entwickeln. In diesem Sinne möchte der Verein seine tiefe Dankbarkeit und Wertschätzung gegen­über dem Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk München und besonders auch der Evang.-Luth. Kirchengemeinde München Immanuel-Nazareth für die wertvolle Unterstützung und die konstruktive Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren ausdrücken.

Haus der Kulturen und ReligionenFür weitere Informationen und Rückfragen stehen die Vorstandsvorsitzenden des HdKRM, Dr. Martin Rötting, Gönül Yerli und Eva Haller, gerne zur Verfügung.

https://hdkrm.org

 

 

„Sei ein Mensch!“

von Stefan Jakob Wimmer

Das Logo „Sei ein Mensch! #gegenRechtsextremismus“ haben Sie gewiss schon gesehen. Es wird umfangreich plakatiert, z. B. an den Bussen der städtischen Ver­kehrs­betriebe. Es verweist auf die „Gemeinsame Erklärung für Demokratie – gegen Rechts­extremismus“, die auf Initiative von OB Reiter am 4. März 2024 im Rathaus beschlossen wurde – siehe nebenstehende Seite. Die Mitglieder­versammlung am 19.3.2024 hat beschlossen, dass sich die Freunde Abrahams der Erklärung an­schließen. In der Diskussion, die der Abstimmung voranging, wurde bedauert, dass die Erklärung neben Anti­semitismus nicht auch ausdrück­lich Islamfeindlichkeit anspricht.

sei ein mensch


„Bekenntnis füreinander“

von Stefan Jakob Wimmer

Darum wurde lange gerungen … Der Beauftragte für den interreligiösen Dialog der Landeshauptstadt München, Marian Offman (SPD), hat mit einem Gremium aus Vertreter*innen von Religionen, Konfessionen, aber auch der Humanistischen Vereinigung und interreligiöser Gruppierungen wie den Freunden Abrahams, eine „Münchner Charta der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften“, beste­hend aus 10 „Bekenntnissen“ erarbeitet. Zur feierlichen Unterzeichnung im Kleinen Sitzungssaal des Neuen Rathauses kam es am 15.9.2023. Die SZ berichtete darüber am 6.10. – Dann kam der 7.10., mit seinen Verwerfungen auch in München. Einige Unterzeichner warfen anderen mangelnde Glaubwürdigkeit vor. Die Öffentlichkeitsarbeit, aber auch die Gespräche miteinander, wurden abge­brochen – gerade dann, wenn es darauf angekommen wäre …

Erst nach Monaten wurde wieder angeknüpft und – wieder nach mühsamem Ringen um Formulierungen – entschieden, dass der Text um die ausdrückliche Ablehnung von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit erweitert wurde. Die neue Fassung wurde am 17.4.2024 unterzeichnet und soll ab Herbst auch öffentlichkeitswirksam ver­breitet werden.

Ein Dank dafür geht an Marian Offman, an Antje Herbst vom Büro der 2. Bürger­meisterin Verena Dietl und besonders an Matthias von Sarnowski von der Fachstelle für migrationsgesellschaftliche Diversität des Sozialreferats, der die Tätigkeit des Gremiums koordiniert.

Der finale Wortlaut:

Bekenntnis füreinander
Münchner Charta der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften

SOLIDARITÄT Wir verpflichten uns zu gegenseitiger und gesamtgesellschaftlicher Solidarität. Wir stehen füreinander ein und streben gemeinsam nach Gerechtigkeit.

SCHUTZ Wir verpflichten uns, die Menschen anderer religiös-weltanschaulicher Überzeugungen in unserer Stadt zu schützen, wenn sie aus Vorurteilen oder Motiven gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit heraus benachteiligt oder angegriffen werden.

VIELFALT Wir erkennen gesellschaftliche Vielfalt an, welche sowohl religiös-weltanschauliche Gruppenidentität als auch die Identität der Einzelnen umfasst.

GRUNDGESETZ Wir bekennen uns aus unserem Glauben bzw. aus unserer Weltanschauung heraus zu den Werten und Zielen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

SELBSTBESTIMMUNGSRECHT Wir bekennen uns zum weltanschaulich neutralen Staat, der das Selbstbestimmungsrecht aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften auf dem Boden des Grundgesetzes garantiert.

GLEICHHEIT Kein Mensch darf wegen seines Glaubens, seiner Weltanschauung, seiner Herkunft, seines Geschlechts, seiner sexuellen Orientierung oder seiner Hautfarbe benachteiligt, herabgewürdigt, bedroht oder verletzt werden.

BEGEGNUNG München ist eine Stadt der Begegnung und Vielfalt. Dies wollen wir durch die Förderung des Dialogs von Menschen unterschiedlicher religiös-weltanschaulicher Identitäten miteinander bestärken und ausbauen.

MENSCHENWÜRDE Wir treten für die Achtung der Menschenwürde und für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ein. Wir lehnen insbesondere jede Form von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit ab.

RESPEKT Wir treten für eine Haltung des Respekts, des Interesses und der Achtung des anderen ein und verpflichten uns zur Kooperation auf Augenhöhe.

DIALOG Unser Dialog ist geprägt von Toleranz und gegenseitigem, vertrauensvollem Verständnis für unsere unterschiedlichen religiös-weltanschaulichen Ansichten. Zusammen setzen wir uns aktiv gegen Menschen- und Demokratiefeindlichkeit ein.

Münchner Bekenntnis füreinander(Foto SJW)

 


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Blick nach Israel und Palästina

„Mit großem Interesse entgegengenommen“
Eine Handreichung und ihre Rezeption

von Stefan Jakob Wimmer

In unserer Zeitschrift Blätter Abrahams 23 erschien Anfang März 2024 mein Text „7. Oktober 2023 und der Gaza-Krieg. Eine Handreichung zum Verständnis und Empfehlung zum Umgang mit den Auswirkungen in München für Schulen, Ver­waltung, Gemeinden“ (S. 167-187). Ich hatte über Wochen und Monate daran gearbeitet, weil ich nicht fassen konnte, wie in München auf die Terrorinvasion der „Hamas“ und den daraus resultierenden Krieg in Gaza reagiert wurde, oft und gerade auch von offizieller Seite der Stadtverwaltung. Wie Menschlichkeit für eine Seite eingefordert, der anderen Seite aber verweigert werden sollte. Wie öffentlich tabuisiert wurde anzusprechen und auszusprechen, was alles zum 7. Oktober geführt haben könnte. Wie in Schulen Sprechverbote erteilt wurden. Wie der interreligiöse Dialog von manchen Beteiligten verweigert wurde und wird, wo er intensiviert werden müsste, und diejenigen, die hier von Anfang an hätten vermitteln müssten, versagten.

Mir war klar, dass es leider nicht denkbar gewesen wäre, eine Analyse im Sinne einer „Handreichung“, einer Hilfestellung, mit Partnern unterschiedlicher Ausrich­tung gemeinsam zu erstellen. Deshalb versuchte ich es in eigener Verantwortung, für die Freunde Abrahams. Ich versandte den Text ab Februar gezielt und breit, an zahlreiche Adressat*innen. Die Reaktionen waren weit überwiegend positiv und dankbar. Ich zitiere hier wenige Auszüge, anonym: „Vielen Dank für Ihre großartige Arbeit und auch für die wohltuende Ausgewogenheit.“, „Sie ist ausgewogen, sie gibt mir Argumente und eine Leitlinie an die Hand, wie ich mich verhalten kann, sie ist hilfreich für mich selbst, um mir eine Meinung zu bilden, aber auch, um mit anderen ins Gespräch zu treten.“, „Herzlichen Dank. Die Handreichung muss unter die Leute und ist das Beste, was ich in diesem Zusammenhang gelesen habe.“, „Die Formu­lierungen sind sehr abgewogen und klug gewählt. Vielen Dank für diese Sortierung. Es wäre jetzt wichtig, Foren zu finden, auf denen diese diskutiert wird.“

Zu den prominenteren Rückmeldungen, die sich anerkennend äußerten, gehören solche von Landtagspräsidentin Ilse Aigner, vom Vorsitzenden der CSU-Fraktion im Landtag Klaus Holetschek, dem Generalsekretär der CSU Martin Huber, dem Integrationsbeauftragten der Staatsregierung Karl Straub, von Brigitte Wolf von der Stadtratsfraktion Die Linke/Die Partei, von Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt/M., von Ayman Mazyek, damals als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime und von dessen Nachfolger Abdessamad El-Yazidi.

Besonders ermutigend war ein sehr anerkennendes Schreiben von Dr. Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, der mir – und damit ja auch den Freunden Abrahams – bescheinigte: „In Ihrem Beitrag spiegelt sich Ihre Wertschätzung für jeden Menschen ohne Unterschied der Herkunft, der Religion, oder der Kultur wider. Mit Ihrer Arbeit leisten Sie einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Einordnung der Situation in Nahost und tragen zum Abbau von Vor­ur­teilen sowie zur Sensibilisierung gegen den wiederaufgeflammten Antisemitis­mus bei. – Ich danke Ihnen für die wertvolle Arbeit, die zu dieser Abhandlung geführt hat und wünsche Ihnen, dass sie einen großen Anklang findet.“ (19.2.2024)

Einzelne Kritikpunkte kamen aus dem Ordinariat und vom Büro des Antisemitis­mus­beauftragten der Staatsregierung Ludwig Spaenle. Das Büro von Oberbürgermeister Dieter Reiter benötigte mehr als zwei Monate und mehrmalige Nachfragen, bis mitgeteilt wurde: „Ich habe diese mit großem Interesse gelesen und finde zahlreiche Aspekte sehr treffend beschrieben.“ Dann wird ausführlich auf mehrere Punkte eingegangen, die dort nicht geteilt werden. Die Kritikpunkte betrafen fast durch­gehend eine „unkritische Darstellung“ der BDS-Bewegung (wiewohl ich schreibe, dass „es berechtigte Gründe gibt, ‚BDS‘ abzu­lehnen“). In wenigen Fällen wurde mir allgemein eine zu Israel-freundliche Darstellung oder das Gegenteil, eine zu Palästinenser-freundliche Darstellung vorgeworfen. In einer einzigen vehement nega­tiv gehaltenen Reaktion wurde mir vorgehalten, meine „sogenannte ‚Hand­reichung‘ ist fehlerhaft (…) Damit öffnen Sie dem Geist der Willkür, des Faschismus, der Gewalt, und des Antisemitismus sperrangelweit die Tür.“ – Besonders dankbar bin ich all jenen, die sich die Zeit genommen haben, über ihre Kritikpunkte mit mir Gespräche zu führen.

Wichtig war, dass auch die Medien sich dafür interessierten. Der Bayerische Rund­funk thematisierte die ‚Handreichung‘ mit einem Interview in dem neuen Sende­format Glauben Zweifeln Leben auf Bayern 2 am 7.4.2024. Die Süddeutsche Zei­tung verwendete ausführlich Auszüge aus dem Text in der doppelseitigen Reportage am Osterwochenende: „Das große Schweigen nach dem Terror. Der Krieg in Nahost hat in München tiefe Gräben aufgerissen, zwischen Juden und Muslimen, Israelis und Palästinensern. Bei den Betroffenen herrschen Wut, Trauer und Sprach­losig­keit. Doch es gibt Menschen, die vermitteln wollen“ (30./31.3./1.4.2024, Bernd Kastner und Andrea Schlaier). Der St. Michaelsbund brachte ein ausführliches Interview online am 7.7.2024, das auch in der Druckausgabe des Magazins [inne]halten (Münchner Kirchenzeitung) vom 4.8.2024 übernommen wurde.

Durch die Berichterstattung wurden weitere Interessensgruppen darauf aufmerksam. Einladungen und Anfragen, den Text bei verschiedenen Foren vorzustellen, kamen bald mehr, als ich bewältigen konnte. Wichtig war mir ein Austausch mit den Schülersprecher*innen der Münchner Gymnasien bei deren Bezirkstagung am 25.6.2024 in der Waldorfschule Schwabing. Hier wurde besonders eindringlich klar, dass wir mit Sprechverboten, Selbsterklärungszwängen und Distanzie­rungs­geboten bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen gerade dabei sind, eine ganz Generation zu verlieren!

Mir selber wäre nun wichtig, auch öffentlich mit Kritikern des Textes diskutieren zu können, und es freut mich deshalb besonderes, dass die Evangelische Stadtaka­demie eine Podiumsveranstaltung angeregt hat, bei der von jüdischer und palästinensischer Seite kontrastierende Meinungen dazu wirklich ausgesprochen werden sollen (siehe oben Seite 7. Zu hoffen bleibt freilich, dass nicht auch hier Versuche, die Veranstaltung zu verhindern – wie das regelmäßig in München zu beobachten ist, wenn auch palästinensische Stimmen zu Wort kommen sollen – lanciert werden, oder jedenfalls, dass sie keinen Erfolg haben …).

Im vollen Wortlaut mitveröffentlicht wurde die „Handreichung“ inzwischen von ver­schie­denen Seiten, so u. a. als „Leseempfehlung“ im Ökumene-Rundbrief der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (1/2024), in den rpi-Praxishilfen für zeit­gemäßen Religionsunterricht (7.5.2024), auf dem Infodienst für christlich-jüdische und deutsch-israelische Tagesthemen im Web Compass Online (Nr. 347, 3.5.2024), auf JCRelations.net des International Council for Christians and Jews (ICCJ, 1.5.2024), und in der Print- und Online-Ausgabe von Begegnung&Gespräch. Ökumenische Beiträge zu Erziehung und Unterricht (gekürzt; 3/2024).

Eine inzwischen geringfügig modifizierte Fassung der ‚Handreichung‘ ist verfügbar über https://www.freunde-abrahams.de/7-oktober-2023-und-der-gazakrieg-eine-handreichung. Eine weitere, anhand konstruktiv-kritischer Rückmeldungen und Debattenbeiträge entsprechend über­arbeitete Version soll im nächsten Heft der Blätter Abrahams 24 (2024) publiziert werden, das voraussichtlich Anfang 2025 erscheint.     
Inzwischen baut die schriftliche Version des Vortrags „Die Antisemitismus-Falle“ (11.6.2024) zum Teil auf der ‚Handreichung‘ auf und führt sie fort. Dieser Beitrag ist hier abrufbar:     
https://www.freunde-abrahams.de/wp-content/uploads/2024/08/Antisemitismus-Falle.pdf


Luft und Ausweglosigkeit
Ein Kurzbesuch in Israel/Palästina

von Stefan Jakob Wimmer

Vom 27.10. bis 5.11.2023 wollten wir Freunde Abrahams nach Israel/Palästina reisen. Dass das nicht möglich sein würde, war bereits am Vormittag des 7. Oktober absehbar – und auch, dass das vor dem Hintergrund dessen, was dort zu erwarten sein würde, ziemlich bedeutungslos wäre. Relativ bedeutungslos ist auch, dass mich das alles krank machte. Ich hatte den Wunsch, wenigstens selbst dorthin zu reisen um mit meinen Freunden und Bekannten zu sprechen. Leider wurde es Mai, bis ich die Zeit dazu fand, für nur ein paar Tage.

Die Jerusalemer Luft war tatsächlich heilsam für die Seele. Mit der Unterkunft im legendären Österreichischen Hospiz – mit Blick auf die Kuppel des Felsendoms aus dem einen und auf die der Grabeskirche und die der Hurva-Synagoge aus dem anderen Fenster – erfüllte sich ein lang gehegter Wunsch. Denn das eindrucksvolle Haus aus der k.u.k.-Zeit, im Herzen der Altstadt an der Via Dolorosa gelegen, ist normalerweise ausgebucht. Diesmal war das Haus fast leer.

Schon am Flughafen wird jeder von Bildern der israelischen Geiseln empfangen, und sie begleiten einen in Israel auf Schritt und Tritt. Dazu kommen große Trans­parente an den Straßen, die die Wut von Teilen der Bevölkerung kundtun, über Netanjahu und das Versagen seiner Regierung, das von unfassbarem, historischem Ausmaß ist. In Tel Aviv belagern Angehörige der Geiseln den Platz vor dem Kunst­museum mit Zelten, Infoständen und sehr eindrucksvollen Installationen. Der Ort ist als „Platz der Entführten“, כיכר החטופים, bekannt geworden. Wie man sonst Andenken ersteht, brachte ich von dort diese gelben Schleifen mit, die als Zeichen der Solida­risierung mit den Geiseln und ihren Angehörigen im Land allgegenwärtig sind (siehe Editorial). Und sehr, sehr bedrückende Gefühle.

Ablenken ließ ich mich von bei Ausgrabungen neu entdeckten, ägyptischen Tinten­aufschriften auf Gefäßen, die ich in der Tel Aviver Universität und in den Magazinen der Altertümerverwaltung begutachten und zusammen mit israelischen Kolleg*innen entschlüsseln konnte. Dass diese Zusammenarbeit, und diese Freundschaften, weitergehen, war ein Hauptgrund für meinen Besuch.

Deshalb besuchte ich auch Beer Sheva, unsere Partnerstadt, und traf mich dort mit Prof. Adi Wolfson. In Kontakt mit ihm war ich bis zum 7. Oktober dabei gewesen, den Besuch der Freunde Abrahams zu planen, und seitdem sind wir uns verbunden. Und werden – dazu sind wir entschlossen – weiterplanen, wenn es wieder möglich ist. Auch er gab mir eine gelbe Schleife mit. Er war dankbar für den Besuch, meinte aber auch, er könne derzeit von niemandem erwarten, ins Land zu kommen – denn jederzeit, von einem Moment auf den nächsten, könne wieder etwas Unerwartetes geschehen.

Genau das erlebte ich schon am Abend meiner Ankunft – als in den Medien die Meldungen vom Hubschrauberabsturz des iranischen Staatspräsidenten kamen und sich sogleich die Sorge breitmachte, dass das iranische Regime womöglich „die Zionisten“ dafür verantwortlich machen würde, und somit wieder eine Nacht, oder länger, in den Bunkern bevorstehen würde.

Das war nicht der Fall, und, davon abgesehen, fühlte ich mich zu keiner Zeit im Land gefährdet oder unsicher. In die palästinensischen Gebiete reiste ich diesmal nicht. Es wäre wohl möglich, aber schwierig und riskant geworden, denn die Gebiete werden immer wieder abgeriegelt. Nächstes Mal wieder, inschallah.

Manches erinnerte mich an die Zeit während und nach dem Golfkrieg von 1990/91, als Saddam Hussein vom Irak aus Israel mit Raketen beschoss. Es wurde damals befürchtet, dass sie Giftgas enthalten könnten. Die ganze Bevölkerung wurde mit Gasmasken ausgestattet und dichtete Schutzräume ab. Und doch war jetzt etwas anders als damals. Anders als ich es jemals im Land erlebt hatte. Alle Gespräche, die ich führte, gezielt oder spontan, mit Bekannten und Unbekannten, Israelis, Arabern oder im Land lebenden Ausländern, waren von der Ausweglosigkeit der Lage geprägt – niemand, niemand wagte abzusehen, wohin die Entwicklungen diesmal führen würden, geschweige denn, wann und wie sich die Lage wieder bessern würde. Niemand, außer jenen, den mutwillig Schuldigen, die seit Jahren und Jahrzehnten verhindern, dass sich die Lage bessert, indem sie von der totalen Vernichtung der anderen träumen und, wie jetzt, ganz real daran arbeiten.

Am letzten Abend saß ich mit einer jüdischen und einer palästinensischen Familie zusammen beim Essen. Moshe und Fahid, beide in meinem Alter, kenne ich seit 43 Jahren, als wir alle gemeinsam am Schüleraustausch teilnahmen, der meine weitere Biografie entscheidend prägen sollte. Ihre und meine Eltern, ihre Frauen und Kinder haben sich kennengelernt. Sie haben nie aufgehört, befreundet zu sein.

(Foto SJW)


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Die Gute Nachricht

„Bekenntnis füreinander!“

Nach den Verwerfungen im interreligiösen Dialog in München infolge des 7.10.2023 ganz besonders erfreulich: Am 17.4.2024 wurde im Kleinen Sitzungs­saal des Neuen Rathauses die Münchner Charta der Religions- und Weltan­schau­ungs­­gemeinschaften unterzeichnet (siehe oben Seite 28). Unter den jüdischen Unterzeichnern war Rabbiner Aharon Brodman von der Israelitischen Kultus­gemeinde, unter den muslimischen Imam Benjamin Idriz vom Münchner Forum für Islam.

 


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Buchtipps

Karl-Josef Kuschel: „Unser Geist ist Weltgeist“. Stefan Zweig und das Drama eines jüdischen Weltbürgertums

Stefan Zweig (1881-1942) leitete sein Weltbürgertum bewusst aus seiner jüdischen Herkunft und den Quellen des Judentums ab. „Unser Geist ist Weltgeist“: Mit diesem Programmsatz ermutigte Zweig die Juden und Jüdinnen seiner Zeit, die (erzwungene) Zerstreuung unter die Völker als Aufgabe zu begreifen. Als Auftrag, den wachsenden Nationalismus zu bekämpfen und für ein völkerverbindendes Weltbürgertum einzutreten. (aus dem Verlagstext)

Der Autor ist Vorsitzender des Kuratoriums der Freunde Abrahams.
Siehe oben: Buchvorstellung am 14.11.2024.
Patmos Verlag Ostfildern 2024, 575 Seiten, ISBN 978-3-8436-1501-3, 44 €

 

Daniel Maier: Abraham. Facetten einer Vaterfigur

Abraham fasziniert. Als urzeitlicher Wüstenscheich mit schillernden Charakterzügen, als Vater vieler Völker und dreier Religionen, als Migrant mit weiten Wanderungen, mit Irrungen und Wirrungen, als Konvertit und Opfernder, als Glaubender und Zweifelnder.

Anhand von Quellen aus dem antiken Judentum, dem frühen Christentum und dem Koran werden u. a. Abrahams Bedeutung als Identifikationsfigur, seine Rolle bei der Bindung seines Sohnes, sein Glaube, sein Gehorsam und sein Glück beleuchtet. Der Blick auf die Ursprünge liefert neue Perspektiven auf Chancen und Heraus­forderungen des interreligiösen Trialogs im 21. Jahrhundert. Abraham fasziniert mit seiner Wirkung durch die Zeiten – bis heute. (aus dem Verlagstext)

Der Autor ist Mitglied der Freunde Abrahams.
Siehe oben: Buchvorstellung am 29.11.2024.
TVZ Theologischer Verlag Zürich 2023, 118 Seiten, ISBN 978-3-290-18596-1, 22 €

 

 

Ludwig D. Morenz: GOTT – Zum Ursprung von El im mittelbronzezeitlichen Serabit el Chadim mit einer Bergarbeitermythologie in nuce

Der Gott El ist familienähnlich zum hebräischen JHWH, und wir kennen ihn neben der Hebräischen Bibel auch aus den ugaritischen Mythen (13./12. Jh. vC), und – noch einmal Jahrhunderte älter – von den früh-alphabetischen Inschriften aus Serabit el Chadim (Sinai). Als der Ursprung der Alphabetschrift standen diese Texte aus der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends bisher im Zentrum einer schrift­geschicht­lichen Forschung. Sie lohnen aber auch die kulturhistorische Analyse und zeigen uns Wege zum Ursprung des Gottes El. (aus dem Verlagstext)

Siehe oben den Vortrag des Autors zum Thema am 11.2.2025.

EBVerlag Berlin 2023, 97 Seiten, ISBN 978-3-86893-428-1, 19,80 €

 

Claudia Mende: „Wir sind anders, als ihr denkt“ – Der arabische Feminismus

Unternehmerinnen, Menschenrechtsanwältinnen, Politikerinnen? Viele Menschen im Westen können sich nicht vorstellen, dass es solche Frauen in der arabischen Welt gibt. Denn es passt nicht zum gängigen Stereotyp der „passiven, unterdrückten arabischen Frau“. Aber die schablonenhaften Bilder verhindern den Blick auf die Lebensrealität dieser Frauen. Sie streiten seit mehr als hundert Jahren für ihre Rechte, kämpfen gegen Gewalt und für Selbstbestimmung über ihre Leben und ihre Körper. Sie fordern gleiche Rechte und ein Ende männlicher Dominanz. Dieses Buch blickt zurück auf die Anfänge des arabischen Feminismus und begleitet seine Entwicklung bis heute. Kenntnisreich analysiert Claudia Mende die regionalen Entwicklungen, aber auch den Einfluss des westlichen Feminismus auf sein Pendant im Orient. Dabei beschränkt sich die Autorin nicht darauf, über arabische Frauen zu berichten. Sie lässt sie selbst zu Wort kommen und zeichnet so ein facettenreiches Bild des arabischen Feminismus. (aus dem Verlagstext)

Die Autorin ist Mitglied der Freunde Abrahams.
Siehe oben: Buchvorstellung am 18.9.2024.
Westend Verlag Neu-Isenburg 2024, 176 Seiten, ISBN 978-3-86489-463-3, 20 €
Erscheinen angekündigt für 16.9.2024.


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Texte zum Nachdenken – Worte für die Seele

 

Auf der letzten Seite wollen wir Ihnen Gedichte, Lieder oder kurze Texte zum Nachdenken und für die Seele mitgeben. Für Ihre Anregungen sind wir immer dankbar!

Nach wie vor ist der Gedanke verbreitet, dass Gott Glück bedeutet. Die Erzählungen der Bibel bestätigen das allerdings nicht. Ein sorgenfreies Leben versprechen eher Ratgeber des 21. Jahrhun­derts. Gott hat den Menschen kein Glück versprochen. Er hat ihnen einen Bund versprochen. Er hat ihnen versprochen, mit ihnen verbunden zu bleiben. Schon damals im Zeichen des Regenbogens mit Noah und allen seinen Nachkommen, mit Abraham und Jakob, mit den Heimatlosen in der Wüste am Berg Sinai, und schließlich mit Jesus. Der Bund bleibt bestehen in aller Trostlosigkeit bis in den Tod und über den Tod hinaus.

Nach dieser Vorstellung sind die Menschen an Gott gebunden, miteinander verbunden und mit der ganzen Schöpfung. Gott reicht ihnen ein heiliges Band, an dem sie sich festhalten können. Dieses Band webt er durch das Leben und lässt alles miteinander verwoben sein. Wie ein zartes goldenes Netz ist der göttliche Geist über diese Erde gespannt, so dass niemand verloren gehen kann! Es engt nicht ein, es ist ein Netz, das die Hoffnung derer auffängt, die sie verloren haben. Ein Netz, in dem sich teuflische Stimmen verfangen, so dass sie sich nicht weiter verbreiten können.

Gott hat zu niemandem gesagt: Du wirst immer glücklich sein.
Gott sagte: Ich bin da.

Hannah von Schroeders (Bayern 2 – Gedanken zum Tag, 4.4.2023)


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