Liebe Freundinnen und Freunde Abrahams,
und insbesondere alle, die sich bis gestern früh (7.10.2023) auf unsere Reise in Abrahams Stadt und Land gefreut hatten,
während ich in den letzten Tagen mitten und sehr tief in den Vorbereitungen auf die Reise steckte und mit viel Herzblut an einem ganz besonderen Programmablauf gearbeitet habe – wurde plötzlich und mit Wucht das Land in einer Weise erschüttert, die so niemand erwartet hatte.
Nicht durch eine Naturkatastrophe, sondern wieder einmal in den Köpfen von Menschen geplantes und durch die Hand von Menschen verursachtes, unermessliches Leid für Leib und Seelen von Menschen.
Fassungslos und voller Schmerz verfolgen wir, was in dem Land, das auch uns sehr am Herzen liegt, geschieht und können nicht begreifen.
Unsere Solidarität gilt – wie schon immer – all den unschuldigen Opfern dieses Konflikts. Unerträglich ist uns, wenn sogar hier in Deutschland Freudenbekundungen von Hamas-Sympathisanten geäußert werden (wie eben berichtet wird). Hunderte Tote – und zu befürchten ist, dass noch viele folgen – und immer noch mehr Leid sind, weiß Gott, keine angebliche „Rettung der Ehre von Al-Aqsa“ – wie Hamas diese Verbrechen begründet. Sie müssen vielmehr endlich dazu beitragen, dass auch Palästinenser und Muslime überall zwischen legitimem Einsatz für die eigenen Rechte und Verbrechen an Unschuldigen unterscheiden.
Dass Palästinenser nicht hinnehmen, was sie seit 75 Jahren erleben, kann niemand verurteilen. Die aktuelle Regierung in Israel hat – noch deutlich schlimmer als schon Regierungen zuvor – gezielt und bewusst durch Worte und Taten provoziert und nahezu täglich Blut vergossen. Dennoch haben zu Viele – auch in Deutschland – dazu geschwiegen. Viele haben es nicht gewagt, das Nötige dazu (wenigstens) offen auszusprechen, weil schon viel zu oft der Antisemitismusvorwurf politisch missbraucht wurde und wird, gegen jede Form von Kritik an Israel.
Der Kampf gegen Antisemitismus aber ist – wie wir doch in Deutschland tagesaktuell erleben (wie viele Stimmen werden heute bei der Landtagswahl Bayern „AfD“ und „Freie Wähler“ in Bayern ernten?!) – zu bedeutsam und zu drängend, als dass wir diesen Missbrauch für extremistische Politik zulassen dürfen. Jüdisches Leben in Deutschland, offen, frei und ungehindert, muss in jeder Form geschützt und unterstützt werden; nicht die Politik Israels in jeder Form.
Wir sind heute (wie schon immer) solidarisch mit Israel, wenn es Opfer von sinnloser Gewalt ist und seine Existenz als jüdischer Staat in Frage gestellt wird.
Und wir sind heute (wie schon immer) solidarisch mit den Palästinensern, wenn sie Opfer von sinnloser Gewalt sind und ihre Freiheit, ihre Rechte und Menschenwürde negiert werden.
Treten wir – weiterhin und jetzt ganz besonders – für Beides ein; nur dann können wir authentisch sein.
Hoffen wir, dass die Wucht dieser Erschütterung zu einem Umdenken führt, auf beiden Seiten, und wo nötig auch bei uns.
Beten wir mit denen und für die, die jetzt und in den bevorstehenden Tagen (und wohl auch Wochen) betroffen sind. Was sie erleben, können wir uns nicht vorstellen.
Tief erschüttert,
Stefan Jakob Wimmer